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Basiswissen

Forschung und Wissenschaft leisten einen wichtigen Beitrag zur Erklärung der Entstehung, des Verlaufs und der Auswirkungen  der Wohnungsnotfallproblematik, ins. der Wohnungslosigkeit.

Forschung und Wissenschaft in Deutschland sind im Vergleich zur Wohnungslosenforschung z.B. in Großbitannien oder Frankreich deutlich im Rückstand. Dies liegt an unzureichender Forschungsförderung der Bundesministerien ebenso wie an zu geringem Forschungsinteresse deutscher Hochschulen auf diesem Gebiet.

Der Forschungsverbund, der von der BAG W 1999 initiiert und von drei Forschungsinstituten 2001-2004 durchgeführt worden ist, hat grundlegende Forschungsergebnisse gebracht, die Sie an dieser Stelle in den wichtigen Publikationen nachlesen können.

 

Forschungsverbund „Wohnungslosigkeit und Hilfen in Wohnungsnotfällen“

Entstehung des Forschungsverbundes

Anlass für die Initiierung des Forschungsverbundes durch die BAG Wohnungslosenhilfe e.V. waren mehrere Gründe:

  • Praxis und Forschung zu Wohnungslosigkeit und Wohnungslosenhilfe stehen vor neuen Anforderungen, die durch wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politisch-administrativen Wandel hervorgerufen werden. Die sich in diesem Kontext abzeichnenden Veränderungen auch in der Zusammensetzung der Zielgruppen sozialer Wohnungspolitik und des Hilfesystems bedürfen genauer Aufklärung, um bedarfs- und lebenslagengerecht intervenieren und sozialer Ausgrenzung begegnen zu können. Trotz allgemein entspannter Lage auf dem Wohnungsmarkt ist das Angebot an erschwinglichem Wohnraum nach wie vor knapp. Bei zunehmender Einkommensdifferenzierung und Verfestigung von Arbeitslosigkeit wird es daher für ohnehin benachteiligte Bevölkerungsgruppen noch schwieriger werden, angemessenen Wohnraum zu finden. Die Wohnungspolitik ist zwar dabei, sich stärker auf die Bevölkerungsgruppen einzustellen, die sich nicht aus eigener Kraft am Wohnungsmarkt versorgen können. Über die Auswirkungen des neuen Wohnraumförderungsgesetzes auf die Wohnungsversorgung unterstützungsbedürftiger Haushalte – zu denen ausdrücklich auch Wohnungslose gezählt werden – lässt sich jedoch noch nichts sagen. Auch das System sozialer Hilfen ist mit veränderten Anforderungen konfrontiert und befindet sich in einem Umstrukturierungsprozess. Dies alles bedarf einer umfassenden Untersuchung.
  • Neuere Forschungsprojekte – wie etwa zur Verbreitung von Wohnungslosigkeit, zur Machbarkeit einer Wohnungsnotfallstatistik oder zu den Voraussetzungen und Wirkungen sozialer Wohnprojekte – haben zwar wichtige Erkenntnisse in Teilbereichen erbracht, konnten aber die Randstellung des Themenkomplexes in der Forschung nicht ausgleichen. Dies zeigt sich an mangelndem aktuellem Grundlagenwissen sowohl auf der Entstehungsebene der Wohnungsnotfallproblematik als auch auf der Interventionsebene. Dringend erforderlich ist deshalb eine integrative Betrachtung des Phänomens, um die Wechselwirkungen zwischen den Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt, der Wohnungsversorgung verschiedener Bevölkerungsgruppen, den veränderten Unterstützungsbedarfen der von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Bevölkerungsgruppen und der Ausgestaltung der Hilfen in Wohnungsnotfällen analysieren zu können.
  • Schließlich gilt es zu verhindern, dass Wohnungslosigkeit im Zuge des Abbaus der allgemeinen Wohnungsnot und auch des Rückgangs der Zahl der Wohnungslosen wieder zu einem politischen Randthema verkommt. Die Versorgung einer nach wie vor bedeutenden Anzahl von Personen bzw. Haushalten in unterschiedlichen Wohnungsnotsituationen mit Normalwohnraum ist angesichts allgemein entspannter Wohnungsmärkte eine Aufgabe, der sich Politik und Praxis – in der Sozialarbeit wie in der Wohnungswirtschaft – gemeinsam stellen müssen.

Diese Ausgangslage nahm die BAG Wohnungslosenhilfe e.V. 1999 zum Anlass, einen Forschungsprozess zu initiieren. Es beteiligten sich drei Forschungsinstitute, die mit ihren bisherigen Arbeiten einen bedeutenden Beitrag zur Erforschung der Wohnungslosenproblematik geleistet und sich insgesamt seit langer Zeit mit dieser Thematik auseinandergesetzt haben. Jedes Institut steht stellvertretend für einen wesentlichen Teilaspekt dieses Forschungsfeldes. Das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) hat in der Vergangenheit zahlreiche Untersuchungen zu den Rahmenbedingungen der Wohnungsversorgung und zur Entwicklung sowie den Konsequenzen bestimmter Angebotsformen für benachteiligte Haushalte durchgeführt. Die Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Frauenforschung (GSF e. V.) hat u. a. Unterstützungsbedarfe und Lebenslagen von (wohnungslosen) Frauen untersucht. Die Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung e. V. (GISS) beschäftigt sich seit Jahren mit verschiedenen Aspekten der Wohnungsnotfallproblematik, insbesondere auch mit Aufbau und Wirksamkeit der Hilfesysteme in Wohnungsnotfällen in Deutschland.

Zunächst entwickelten die drei Institute, mit finanzieller Unterstützung der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel, eine Konzeption für ein gemeinsames Forschungsvorhaben, das die vorhandenen Forschungslücken schließen soll. Bereits bei der Kooperation in der Initiierungsphase zeigten sich die wissenschaftlichen und innovativen Potenziale, die mit der integrativen Behandlung des Themas verknüpft sind. Die Forschungskonzeption ist im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) deshalb auf großes Interesse gestoßen, zumal damit im Kontext des Forschungsprogrammes „Bauen und Wohnen“ ein drängendes, aber vernachlässigtes gesellschaftliches Problem aufgegriffen wurde. Anfang 2001 wurde das Vorhaben durch einen Beirat beim BMBF grundsätzlich befürwortet. Nach einem intensiven ressortübergreifenden Abstimmungsprozess konnte mit dem Forschungsvorhaben im September 2001 begonnen werden. Die Laufzeit ist auf drei Jahre angesetzt worden.

Gesamtziel des Forschungsverbundes

Das Gesamtziel des Forschungsverbundes ist die interdisziplinäre Erarbeitung von Grundlagen- und Orientierungswissen für eine zukunftsgerechte Planung und Gestaltung der Hilfen in Wohnungsnotfällen. Ausgangspunkt ist die "Vision" von einer weitgehenden Vermeidung von Wohnungslosigkeit und Wohnungsnot und die Integration der Betroffenen in "normale" Wohn- und Lebensbezüge. Die "Hilfe zur Wohnung" als Grundvoraussetzung sozialer Integration wird dabei als eine zentrale und gemeinsame Herausforderung an Wohnungs- und Sozialpolitik angesehen. Im Einzelnen geht es um

  • die Erarbeitung von integriertem Grundlagenwissen zur Erklärung der Wohnungsnotfallproblematik (Theoriebildung),
  • die Bereitstellung von Informations- und Planungsgrundlagen für eine verbesserte Praxis und
  • die Ableitung von Empfehlungen für die Wohnungs- und Sozialpolitik.

Zu den Leitlinien des Forschungsverbundes gehört die Orientierung am Prinzip des Gender-Mainstreaming-Ansatzes. Das bedeutet, dass der Gleichstellungsaspekt im Forschungsprozess berücksichtigt wird und davon ausgehend die Wohnungsprobleme der betroffenen Personen und Haushalte – wissenschaftlichen Standards entsprechend – geschlechterdifferent untersucht werden.

Organisation und Konzeption des Forschungsverbundes

Die Gliederung des Forschungsverbundes in drei Teilvorhaben baut auf den bestehenden Forschungslinien zur Wohnungslosigkeit auf: Wohnungsversorgung und Wohnungspolitik, Zielgruppen- und Bedarfsforschung und Hilfen in Wohnungsnotfällen. Jedes der drei Institute bearbeitete - gemäß seines bisherigen Forschungsschwerpunktes - eine der Teiluntersuchungen eigenständig:

  • IWU: „Grundlagen für eine Politik zur Wohnungsversorgung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen“
  • GSF e. V.: „Wohnungsnotfälle und Wohnungslose: Zielgruppen- und Bedarfsforschung für eine integrative Wohnungs- und Sozialpolitik"
  • GISS: „Grundlagen für eine Politik zur Verbesserung des Hilfesystems in Wohnungsnotfällen“.

Die BAG Wohnungslosenhilfe als assoziierte Partnerin des Verbundes stellte bei der Konkretisierung und Operationalisierung der Fragestellungen den Praxisbezug her, unterstützte bei der Vorbereitung der Erhebungsfelder, wirkte am Internetauftritt des Verbundes mit und organisierte forschungsbegleitende Fachtagungen.

Die Koordination erfolgte zentral durch eine Koordinationsstelle, die beim IWU angesiedelt ist, durch regelmäßige Treffen aller Forscherinnen und Forscher einschließlich der BAG Wohnungslosenhilfe sowie durch laufenden Austausch untereinander).

Inhaltliche und organisatorische Projektstruktur